Irgendwas stimmt hier nicht...
Ich hatte schon in meiner Kindheit und Jugend eine ganz intuitive Abneigung, wenn jemand zu mir etwas sagte wie "Das hast Du aber gut gemacht!" Oder "Da hast Du Dich aber richtig vorbildlich verhalten". Erst Jahrzehnte später habe ich verstanden, warum ich mich als "Einser" Schülerin nie wohl in meiner Haut fühlte. Auch wenn mich andere um diesen Erfolg beneideten. In Schule und Uni hatte ich mich daran gewöhnt. Es war irgendwie normal, über Lob an der Messlatte der Vorstellung der anderen gemessen zu werden. Das Unbehagen habe ich runtergeschluckt.
Richtig konfrontiert mit meiner Aversion wurde ich, als ich begann, andere zu führen. Ich merkte schnell: Wow, ich kann das gar nicht ohne mich dabei irgendwie seltsam zu fühlen. Jedes Beurteilungsgespräch mit meinen Mitarbeitern ein Kampf gegen meinen inneren Schweinehund. Irgendwie fehlte mir die Werkzeugkiste, um gut damit umzugehen – ich hatte eben mein Leben lang gelernt, zu werten und bewertet zu werden.
Auch wenn es sich nicht gut anfühlte.
Erst als ich mich im Rahmen meiner Coaching Ausbildung mit der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) nach Rosenberg beschäftigte, hat es klick gemacht.
Ich kann mich noch wie heute an den Moment erinnern, an dem es mir wie Schuppen von den Augen fiel und ich erkannte: Lob ist das Einzige, was ich über Jahrzehnte kennen gelernt hatte, richtige Wertschätzung kenne und kann ich nicht.
Lob ist ein Urteil!
Aber wo genau ist der Unterschied?
Lob zeigt sich als Urteil, entsteht durch das (bewusste oder unbewusste) Messen der anderen Person an meinen eigenen Vorstellungen und Werten. Bei Lob fühlen wir uns bewertet – und das ist kein positives Gefühl, auch wenn das Urteil ein positives ist. Denn wer sich beurteilt fühlt, fühlt sich getrennt von seinem eigenen, innersten Wesen. Ein Lob birgt immer ein Risiko – dass es umschwenkt, dass wir nicht mehr gelobt – und geliebt - werden.
Wir müssen uns anstrengen dafür. Das hat nichts Leichtes, das ist anstrengend.
Und es gibt beim Lob immer einen anderen, der Richter ist über gut und schlecht.
Wenn dann noch ein innerer Antreiber zwitschert "sei brav" oder "Du bist nur, wenn andere Dich lieben" - dann sind wir durch Lob höchst leicht zu manipulieren.
Randnotiz: Unser Schulsystem baut auf Bewertung und Lob auf. Das ist meines Erachtens eine der Hauptursachen, warum wir heute ein riesiges Problem mit Burnout im Job haben....
Und es gibt ein besseres Werkzeug...
....Die Wertschätzung! Mit Wertschätzung erkennen wir die Stärken des Anderen an, erkennen ihn in seinem Wesen, in seinen Werten.
Wie das geht? Über das empathische Wahrnehmen der anderen Person, das Erkunden der Stärken, den Dialog. Und über das ständige Üben dieser Form des Miteinanders.
Und diese Übung fängt bei uns selbst an.
Wir müssen uns selbst erst einmal spüren um für andere die Antennen für die Wertschätzung auszufahren.
Und wir können andere nicht wertschätzen, wenn wir unser Wert selbst nicht schätzen.
Es ist immer wieder ein A-ha Erlebnis, wenn ich im Coaching Führungskräfte, die wertschätzend führen wollen, frage: und wie fühlst Du Dich, wenn Du Dich wertschätzt? Und einige mich mit fragenden Augen ansehen. Und dabei merken, dass sie sich selbst eher antreiben als wertschätzen. Und sich wundern, dass ihnen das auch bei ihren Mitarbeitern leichter fällt...
Und wie genau lerne ich das, wertzuschätzen?
Ich bin auf der Reise zu einem wertschätzenden Leben seit 10 Jahren.
Und habe damit gestartet, mich selbst kennen zu lernen, mit all meinen Kanten und Ecken – erst danach konnte ich mich wertschätzen. Und auch andere wertschätzen.
Und seitdem übe ich, jeden Tag.
Und fühle mich damit immer wohler.
Und nutze jede Form der Wertschätzung:
Ich führe Dankbarkeitstagebuch und wertschätze mein Leben.
Ich versuche, den Supermarktkassierer durch ein Lächeln zu wertschätzen.
Ich schicke KUDO Karten an meine KollegInnen.
Ich bringe wertschätzende Methoden in die Moderation ein: Wertschätzer-Duschen, Star Feedback...
Und mittlerweile macht es mir eine wunderbare Freude!
"Life ist not beautiful because of the things we see or do.
Life is beautiful because of the people we meet."
Simon Sinek
In diesem Sinne - bereichern wir das Leben anderer mit Wertschätzung 🙌🏼
Alles Liebe,
Eure Anke
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